CSDDD: EU-Lieferkettenrichtlinie

Der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments hat einem Kompromisstext zur Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) zugestimmt. Der neue Kompromisstext muss nun vom Europäischen Parlament und vom Rat der Europäischen Union förmlich verabschiedet werden.

Nachdem am 14.12.2023 eine erste Einigung zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union über ihre sehr unterschiedlichen Vorstellungen zur Ausgestaltung und insbesondere zur Zielgruppe der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) erzielt wurde, die dann im Rat der EU zunächst wieder aufgekündigt wurde, konnte nach erneuter Überarbeitung am 15.3.2024 eine erneute Einigung erzielt werden. Am 19. März 2024 hat auch der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments dem Kompromisstext zugestimmt. 

Die Ziele der EU-Lieferkettenrichtlinie

Die Europäische Kommission hatte im Februar 2022 einen Legislativvorschlag zur CSDDD veröffentlicht. Unternehmen werden analog zum Lieferkettensorgfaltpflichtengesetz (LkSG) verpflichtet, ihre negativen Auswirkungen auf Menschenrechte und die Umwelt zu identifizieren und zu verringern. Im Unterschied zum LkSG sind die zu beachtenden Vorgaben aber noch deutlich weiter gefasst, sodass insbesondere auch Umweltpflichten (etwa das 1,5°-Klimaziel) zu beachten sind – nach § 2 LkSG werden dagegen 20 ganz konkrete internationale Vereinbarungen (überwiegend Sozialabkommen der Internationalen Arbeitsorganisation und lediglich eine Vereinbarung über den Umgang mit Quecksilber und eine zum Müllexport) benannt, die es (nur) zu beachten gilt. Dabei gelten die neuen Sorgfaltspflichten auch entlang der Wertschöpfungskette, welche die vorgelagerten Geschäftsbeziehungen (wie Zulieferer) und anders als beim LkSG auch die nachgelagerten Aktivitäten (wie Vertrieb oder Recycling) umfasst.

Dabei sind jedoch in der Kompromissfassung einige Erleichterungen hinzugekommen. Es sind zwar weiter auch über das nächst Glied der Kette hinaus die Sorgfaltspflichten wahrzunehmen (im LkSG gibt es hier Beschränkungen), doch sollen die Sorgfaltspflichten geringer ausfallen dürfen bei Kettengliedern, die in Ländern agieren, über die keine wesentlichen Länderrisiken bezüglich der Sorgfaltspflichten bekannt sind. Können nachteilige Auswirkungen auf Menschenrechte oder die Umwelt bei Geschäftspartnern nicht verhindert oder beendet werden, müssen die Geschäftsbeziehungen wie im LkSG als letztes Mittel eingestellt werden. Die neuen Sorgfaltspflichten sind in die Unternehmenspolitik und das Risikomanagement zu integrieren. Es ist bereits eine enge Verbindung auch zur europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattung feststellbar, da dort bei der Prüfung der Sorgfaltspflichten in ESRS 1 etwa auf die noch zu verabschiedende CSDDD verwiesen wird.

Exkurs: Das Lieferkettensorgfaltpflichtengesetz (LkSG)

Das LkSG gilt bereits seit dem 1.1.2023 für Unternehmen mit mehr als 3.000 Arbeitnehmern in Deutschland. Ab dem 1.1.2024 wird der Schwellenwert auf 1.000 Arbeitnehmer reduziert.

Kompromisstext der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD)

Die betroffenen Unternehmen der CSDDD

Die Zielgruppe entspricht nun nicht mehr wie noch vom Parlament angestrebt der der Nachhaltigkeitsberichterstattung, da nicht auf § 267 HGB abgestellt wird,

  • sondern grundsätzlich nur sehr große EU-Unternehmen mit Nettoumsatzerlöse von über 450 Millionen EUR und mehr als 1.000 Beschäftigten betroffen sind (allerdings gelten die 1.000 Beschäftigten für den Gesamtkonzern, nicht wie im LkSG nur in Deutschland beschäftigte Personen).
  • Für große Drittstaatenunternehmen sollen mit einer Streckung von 3 Jahren nach Inkrafttreten der CSDDD Nettoumsatzerlöse von über 300 Millionen EUR in der EU auch einbezogen werden, wobei die Europäische Kommission eine Liste betroffener Drittstaatenunternehmen veröffentlichen wird.

Unterstützende Maßnahmen der EU-Mitgliedstaaten geplant

Von Seiten der EU-Mitgliedstaaten sollen unterstützende Maßnahmen vorgenommen werden. So sollen verpflichtet Portale mit Handreichungen (wie Leitlinien der Europäischen Kommission) eingerichtet und ggf. indirekt betroffene KMU besonders unterstützt werden.

Erhebliche Sanktionen

Die Sanktionen sind erheblich. So sollen verhängte Sanktionen stets veröffentlicht werden, was zu Reputationsschäden führen kann. Darüber hinaus sind Bußgelder im Umfang von bis zu 5 Prozent der Nettoumsatzerlöse vorgesehen. Auch die zivilrechtliche Haftung wird eingeführt, was für Unternehmen eine durchaus große Bedrohung sein könnte. Betroffene (inkl. Gewerkschaften und NGOs) können innerhalb von 5 Jahren Ansprüche geltend machen.

Die wichtigsten Inhalte des EU-Richtlinienentwurfs haben wir in einer ausführlicheren News für Sie zusammengefasst.

Auswirkungen auf das LkSG und CSRD/ESRS

Die Einigung wird Auswirkungen auf das deutschen LkSG haben, welches nach Verabschiedung der Richtlinie angepasst werden muss. Zudem wird offenbar diskutiert, ob nicht bis zur Umsetzung der CSDDD das von Unternehmensseite als sehr große bürokratische Last empfundene LkSG abgeschwächt oder gar in bestimmten Bereichen ausgesetzt wird – konkrete Formulierungsvorschläge dazu liegen aber noch nicht vor. Gerüchten zufolge könnten die kurzfristig mit dem Referentenentwurf des Gesetzes zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie (CSRD) kommen.

Auch ist die CSDDD relevant für die Ausgestaltung des Dialogs mit den Stakeholdern im Rahmen der Wesentlichkeitsanalyse des ESRS 1 in der Nachhaltigkeitsberichterstattung, weshalb eine zeitnahe Klarheit über die konkrete Ausgestaltung angesichts der seit dem Geschäftsjahr 2024 beginnenden Berichtspflicht dringend nötig ist.

Eine veröffentlichte Fassung der konkreten Einigung in einem überarbeiteten Entwurfstext zur CSDDD liegt bislang nur im Entwurf vor:

Proposal for a DIRECTIVE OF THE EUROPEAN PARLIAMENT AND OF THE COUNCIL on Corporate Sustainability Due Diligence and amending Directive (EU) 2019/1937 

Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on Corporate Sustainability Due Diligence and amending Directive (EU) 2019/1937

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