Hydraulischer Abgleich: Kosten, Nutzen und Umsetzung

Seit Oktober 2022 schreibt die neue Energiespar-Verordnung EnSimiMaV einen verpflichtenden hydraulischen Abgleich von Gaszentralheizungen vor. Um was genau dreht es sich dabei, für welche Gebäude eignet er sich und wie kalkuliert sich der Abgleich?

Derzeit läuft die Heizungsanlage in acht von zehn deutschen Wohnungen an bis zu 200 Tagen im Jahr rund um die Uhr mit höherer Leistung als nötig. Bei den derzeitigen Energiepreisen und Klimazielen ein unhaltbarer Zustand. Ein hydraulischer Abgleich schafft Abhilfe. Er ist die Grundlage für einen effizienten Betrieb der gesamten Heizungsanlage.

So funktioniert der hydraulische Abgleich

Ein hydraulischer Abgleich erfolgt in mehreren Arbeitsschritten. Zunächst werden die optimalen Durchflussmengen des Heizungswasser an allen Heizkörpern ermittelt und so reguliert, dass an jedem Heizkörper letztlich nur die Wassermenge zur Verfügung steht, die zur optimalen Erwärmung des jeweiligen Raums benötigt wird. Ist das System "ausbalanciert" und die richtige Verteilung der Wärmeenergie gegeben, kann im nächsten Schritt die Vorlauftemperatur meist deutlich gesenkt werden. Auch die Einstellungen von Pumpenleistung, Strangregulierventilen und Differenzdruckreglern können richtig dimensioniert werden.

Nach einem hydraulischen Abgleich sinkt der Energieverbrauch, Heizkosten und Emissionen gehen nach unten. Und das ohne jeden Verzicht bei Wohnkomfort und Behaglichkeit. Im Gegenteil, ein hydraulischer Abgleich sorgt für die optimale Verteilung der Wärme vom Heizraum hin zu allen Heizflächen und Räume. Zu kalte oder überheizte Räume gehören der Vergangenheit an.

Wann ist ein hydraulischer Abgleich sinnvoll?

Die Gründe für eine ineffizient laufende Heizanlage sind vielfältig. Besonders häufig finden sich in Bestandsgebäuden veraltete Heizungspumpen oder hydraulische Baufehler wie Kurzschlüsse, Bypässe, nicht eingestellte Überströmventile, störende und fehlerhafte Schaltungen, überflüssige Pumpen oder Fehlverbindungen. Oft wird versucht, solche Mängel durch höhere Vorlauftemperaturen und / oder mehr Pumpenleistung zu kompensieren. Das führt aber zu einem unnötig hohen Energieverbrauch.

Ein hydraulischer Abgleich kann solche Probleme nachhaltig lösen. Wobei es wichtig ist, sich bei der Auswahl des Anbieters die Unterschiede der Verfahren zu vergegenwärtigen. Nur ein auf Temperaturmessungen basierendes Verfahren kann Baufehler im Verteilsystem erkennen und das darin schlummernde riesige Optimierungspotenzial heben.

Folgende Anzeichen gelten als Indizien dafür, dass ein hydraulischer Abgleich nötig ist:

  • Unter- oder überversorgte (zu kalte oder zu warme) Räume
  • Geringe Differenz (Spreizung) zwischen Vor- & Rücklauftemperaturen in den Heizkreisen
  • Hohe Vorlauftemperatur
  • Hoch eingestellte Pumpenleistung
  • Geräuschentwicklung in der Anlage wie beispielsweise rauschende Heizkörper

Pflicht zum hydraulischen Abgleich

In Deutschland ist ein hydraulischer Abgleich im Neubau laut Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Pflicht. Für Bestandsgebäude mit Gas-Zentralheizungen gibt es als Folge der Gaskrise seit dem 1.10.2022 neue Regelungen: Die Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen (EnSimiMaV) verpflichtet Eigentümer von Wohngebäuden mit sechs oder mehr Wohneinheiten, einen hydraulischen Abgleich machen zu lassen.

Gleiches gilt für Nichtwohngebäude mit mehr als 1.000 Quadratmetern beheizter Fläche. Es gibt nur wenige Ausnahmen, etwa wenn schon ein hydraulischer Abgleich erfolgt ist, das Gebäude stillgelegt werden wird oder innerhalb des nächsten halben Jahres ein Heizungstausch oder eine Wärmedämmung geplant ist.

Wirtschaftliche Effizienzmaßnahme für alle Anlagen

Fast alle Arten wassergeführter Heizungssysteme, einschließlich Fußboden-, Wand- oder Deckenheizungen, sowie Zweirohr- oder Einrohrheizungen, können mithilfe eines hydraulischen Abgleichs optimiert werden. Das ist zu jeder Jahreszeit und auch im laufenden Betrieb der Heizungsanlage möglich. Die Maßnahme ist besonders nachhaltig: Solange keine Änderungen an der Heizungsanlage vorgenommen werden, ist in einem korrekt abgeglichenen Heizsystem kein weiterer hydraulischer Abgleich nötig.

Ein hydraulischer Abgleich ist grundsätzlich bei allen Gebäuden sinnvoll – egal welches Baujahr. Eine Studie der Ostfalia Hochschule aus dem Jahr 2017 hat festgestellt, dass sich ein hydraulischer Abgleich am schnellsten bei Gebäuden amortisiert, die nach 1978 erbaut wurden oder deren Außenwände und Dach gut gedämmt sind. Je nach angewendeter Methode des hydraulischen Abgleichs ergeben sich unterschiedliche Einsparpotenziale. Temperaturbasierte, digitale Verfahren arbeiten mit Echtzeit-Systemtemperaturen und erzielen durchschnittlich 18 Prozent Einsparungen beim Energieverbrauch. Der Branchendurchschnitt liegt bei sieben bis zwölf Prozent. Ein Grund: Abgleichverfahren, die auf Berechnungen beruhen, stehen im Bestand vor der Herausforderung, dass viele Berechnungsparameter rund um das Rohr- und Verteilnetz unbekannt sind und deshalb Annahmen und Näherungen als Berechnungsgrundlage herangezogen werden müssen.

Heizungsoptimierung: Die Kosten

Der hydraulische Abgleich sollte von einem Fachbetrieb durchgeführt werden, denn es ist ein komplexes Verfahren mit vielen Abhängigkeiten und Wechselwirkungen. Die Kosten dafür hängen ab von:

  • der Methode des hydraulischen Abgleichs
  • der Anzahl der Heizflächen
  • dem Zustand und Aufbau der Heizanlage
  • der Art der Ventile bzw. Thermostatköpfe
  • der Art der Heizungspumpe
  • zusätzlichen Serviceleistungen (wie Mieterkommunikation, Pumpentausch)

Ein temperaturbasierter, digitaler hydraulischer Abgleich – der Gold-Standard unter den Methoden mit dem höchsten Einsparpotenzial – kostet zirka 150 Euro pro Heizfläche.

Umstritten ist, ob ein hydraulischer Abgleich als Modernisierung und somit als umlagefähig gilt. Dafür spricht, dass die Mieter nach einem hydraulischen Abgleich Energie einsparen. Das Amtsgericht Charlottenburg bewertet die Maßnahme allerdings als Instandhaltung, denn sie behebt den Mangel einer ungleichmäßigen Verteilung der Heizwärme. Eine Erhöhung der Mietnebenkosten sei entsprechend nicht gerechtfertigt.

Hydraulischer Abgleich: mögliche Förderung

Für Bestandsgebäude mit höchstens fünf Wohneinheiten und Nichtwohngebäude mit höchstens 1.000 Quadratmetern beheizter Fläche ist ein hydraulischer Abgleich förderfähig: Der Fördersatz beträgt 15 Prozent der förderfähigen Ausgaben. Die Abwicklung erfolgt über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Weitere fünf Prozent Förderung sind möglich, wenn der hydraulische Abgleich Teil eines geförderten individuellen Sanierungsfahrplans ist.

Ein hydraulischer Abgleich ist – verglichen zu anderen Energieeffizienzmaßnahmen im Gebäudebestand – einer der einfachsten und schnellsten Wege, Energie zu sparen, die Heizkosten zu senken und das ⁠Klima⁠ zu schützen.


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Schlagworte zum Thema:  Heizung, Vermieter, Wohnungsunternehmen