EU-Umwelttaxonomie: weitere delegierte Verordnungen

Die Europäische Kommission hat 2 delegierte Rechtsakte zur EU-Umwelttaxonomie-Verordnung (Verordnung (EU) 2020/852) veröffentlicht. Die Änderungen betreffen hauptsächlich die nicht-klimabezogenen Umweltziele, aber auch die klimabezogenen Umweltziele und die Berichterstattung.

Am 13.6.2023 veröffentlichte die Europäische Kommission 2 weitere delegierte Rechtsakte zur EU-Umwelttaxonomieverordnung (Verordnung (EU) 2020/852). Zeitgleich wurde ein Entwurf für ein FAQ-Dokument zur Anwendung des Mindestschutzes gem. Art. 18 UmwelttaxonomieVO und weitere Dokumente zur Sustainable Finance Initiative der Europäischen Kommission veröffentlicht.

Anzahl der betroffenen Unternehmen erhöht sich durch Ausstrahlungswirkung

Die Taxonomie-Verordnung fordert von allen bislang betroffenen Unternehmen (aktuell große kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden sowie bestimmte Banken und Versicherungen) Angaben darüber, wie und in welchem Umfang die Unternehmenstätigkeiten mit ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten verbunden sind. Nicht-Finanzunternehmen haben

  • den Anteil der "grünen" Umsatzerlöse sowie
  • die Anteile der "grünen" Investitions- und ggf. Betriebsausgaben

in ihrer nichtfinanziellen Berichterstattung nach § 289b HGB anzugeben.

Da allerdings für die Ermittlung der Angaben auf Informationen aus der Wertschöpfungskette zurückgegriffen werden muss, ergibt sich eine enorme Ausstrahlungswirkung auch auf nicht direkt betroffene Unternehmen, wie etwa Mittelständler, die bei Kreditvergabeverhandlungen von Kreditinstituten um Umweltinformationen gebeten werden, da die Bank ansonsten nicht den Umsatz klassifizieren kann. Mit der ab 2024 geforderten Nachhaltigkeitsberichterstattung im Rahmen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) werden die Taxonomieangaben dann auch schrittweise für deutlich mehr Unternehmen relevant, da diese in den Offenlegungspflichten nach den ESRS mit verarbeitet werden.

In eigener Sache: Video-Tipp

ESRS – Kompakteinstieg in die neue Nachhaltigkeitsberichterstattung
Stand 03.08.2023 (90 min.)

​Die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) bringt für viele Unternehmen in Deutschland erstmals eine Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung mit sich. Konkretisiert werden die umfangreichen Berichtsinhalte durch die sog. European Sustainability Reporting Standards (ESRS).

Viele Datenanforderungen ergeben sich aus bestehenden Regel- und Rahmenwerken; diese sind gerade für Erstberichterstatter neu und komplex. Ihre Referierenden bieten Ihnen praxiserprobte Handlungsempfehlungen für einen gelingenden Einstieg in die ESRS-Berichtspflichten. Sie erhalten einen Überblick über das erste Standard-Set. Sie lernen die allgemeinen Anforderungen kennen, die Sie bei der Erstellung und Offenlegung von CSRD-Informationen zu erfüllen haben. Ausgewählte Pflichtangaben werden tiefer beleuchtet.

Zur Anmeldung

1. Delegierter Rechtsakt: nicht-klimabezogene Umweltziele und Berichterstattung

Neue technische Bewertungskriterien für die 4 nicht-klimabezogenen Umweltziele

Der 1. delegierte Rechtsakt beinhaltet 5 Anhänge. Die ersten 4 Anhänge enthalten neue technische Bewertungskriterien für die 4 nicht-klimabezogenen Umweltziele der EU-Umwelttaxonomie. Die neuen Bewertungskriterien beziehen sich sowohl auf bereits von der EU-Umwelttaxonomie erfasste und auf bisher noch nicht erfasste Wirtschaftstätigkeiten. Konkret geht es um Taxonomiekriterien für Wirtschaftstätigkeiten, die einen wesentlichen Beitrag zu einem oder mehreren der folgenden Umweltziele leisten:

  • nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen,
  • Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft,
  • Vermeidung und Kontrolle von Umweltverschmutzung und
  • Schutz und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme.

Anpassungen zur Berichterstattung

Der 5. Anhang enthält Anpassungen der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2178 zur Berichterstattung. Ausweislich der dem Konsultationsentwurf vorangestellten Erläuterungen soll mit diesen Anpassungen eine stärkere Konsistenz der Berichterstattung mit den Vorschriften der delegierten Verordnung zu den 2 klimabezogenen Umweltzielen erreicht und eine geringe Anzahl fachlicher Fehler korrigiert werden.

2. Delegierter Rechtsakt: klimabezogene Umweltziele

Der 2. delegierte Rechtsaktbeinhaltet eine delegierte Verordnung mit 2 Anhängen und ändert die  Delegierte Verordnung (EU) 2021/2139 bzgl. der beiden klimabezogenen Umweltziele der EU-Umwelttaxonomie. Die 2 Anhänge enthalten neue technische Bewertungskriterien, die sich ebenfalls sowohl auf bereits von der EU-Umwelttaxonomie erfasste und auf bisher noch nicht erfasste Wirtschaftstätigkeiten beziehen.

EU-Kommission veröffentlicht EU-Taxonomie-Navigator als Hilfestellung

Die EU-Kommission hat mit dem EU-Taxonomie-Navigator eine Website eingerichtet, die eine Reihe von Online-Tools bietet, die den Nutzern das Verständnis der EU-Taxonomie erleichtern soll und konkreten Überblick über Aktivitäten/Sektoren und technischen Überprüfungskriterien geben soll. Zudem wird die Funktion der Meldepflichten in der Praxis erläutert.

EU-Taxonomieverordnung: komplexe Regulierung wenig nachvollziehbarer Klassifikationen

Zumindest mit der Taxonomieverordnung und den vielen Ergänzungen alleine im Bereich Umwelt (die Sozialtaxonomie steht noch aus) ist aber bereits eine sehr hohe Komplexität der Regulierung erreicht, die immer noch wenig nachvollziehbare Klassifikationen enthält.

Die verschiedenen und teilweise sehr umfangreichen delegierten Verordnungen sind bisher nur in englischer Sprache vorhanden ( hier abrufbar). Eine Bekanntmachung in deutscher Sprache im EU-Amtsblatt steht noch aus.

In eigener Sache: Wie treibe ich Nachhaltigkeit im Unternehmen voran?

In der News-Reihe "Aktuelles zur Nachhaltigkeitsberichterstattung" fasst Herr Prof. Dr. Müller monatlich die neusten und relevantesten Entwicklungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung prägnant für Sie zusammen. Weitere Ausgaben:

ESRS Set 1 – EU-Kommission veröffentlicht Entwurf des delegierten Rechtsakts

ISSB beschließt Erleichterungen bei der Anwendung der Nachhaltigkeitsberichterstattung

EU-Taxonomie – wie Nachhaltigkeit kategorisiert wird