ISSB: Erleichterungen bezüglich S2 (Klima)

Das International Sustainability Standards Board (ISSB) ergänzt sein Paket von Übergangserleichterungen, um Unternehmen bei der Anwendung der ersten beiden Standards des ISSB – S1 (allgemeine Anforderungen) und S2 (Klima) – zu unterstützen. Konkret sollen die Unternehmen zunächst nur die notwendigen Informationsbedarfe der Anleger in Bezug auf den Klimawandel abdecken müssen.

Erstes Berichtsjahr, um sich mit den ISSB-Standards vertraut zu machen

Unternehmen sollen zunächst nur die notwendigen Informationsbedarfe der Anleger in Bezug auf den Klimawandel abdecken müssen. Dies bedeutet, dass Unternehmen die Einführung von Berichtsverfahren und -strukturen priorisieren können, um im ersten Jahr der Berichterstattung nach den ISSB-Standards qualitativ hochwertige, entscheidungsnützliche Informationen über klimabezogene Risiken und Chancen bereitzustellen. Unternehmen haben dann erst ab dem zweiten Jahr umfassend über nachhaltigkeitsbezogene Risiken und Chancen, also auch über die Aspekte des Klimawandels hinaus, zu berichten.

Somit können die Unternehmen ihr erstes Berichtsjahr dazu nutzen, um sich mit Konzepten und Anforderungen innerhalb der ISSB-Standards vertraut zu machen und ihre Systeme entsprechend einzurichten, indem sie sich zuerst nur auf die Aspekte des Klimawandels konzentrieren, bevor sie über andere nachhaltigkeitsbezogene Risiken und Chancen berichten.

Übergangserleichterung in Bezug auf Scope-3-THG-Emissionen

Zudem bekommen die Unternehmen eine Übergangserleichterung für ein Jahr in dem Feld, was auch den meisten von der EU-Nachhaltigkeitsberichterstattung betroffenen Unternehmen große Sorgen bereitet: die Bereitstellung von Informationen über die Scope-3-THG-Emissionen. Somit haben Unternehmen ein Jahr mehr Zeit, um ihre Wertschöpfungskette zu verstehen und abzubilden. Dadurch können sie sich auch besser auf die Berichterstattung über andere nachhaltigkeitsbezogene Risiken und Chancen vorbereiten, die sich in ihrer Wertschöpfungskette ergeben.

Anleger haben zwar nach Einschätzung des ISSB darauf hingewiesen, dass sie zwar konsistente, umfassende nachhaltigkeitsbezogene Informationen über alle Risiken und Chancen benötigen, um ihre Investitionsentscheidungen zu treffen, die Offenlegung von klimabezogenen Risiken und Chancen jedoch am dringendsten ist.

Was im ersten Jahr NICHT berichtet werden muss

Das vollständige Paket an Erleichterungen bedeutet, dass Unternehmen im ersten Jahr, in dem sie die ISSB-Standards anwenden, Folgendes nicht müssen:

  • Angaben zu nachhaltigkeitsbezogenen Risiken und Chancen über klimabezogene Informationen hinaus bereitstellen;
  • jährliche nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungen gleichzeitig mit den zugehörigen Abschlüssen vorlegen;
  • Vergleichsinformationen bereitstellen;
  • Offenlegung von Scope-3-Treibhausgasemissionen und
  • das Green House Gas Protocol verwenden, um Emissionen zu messen, wenn sie derzeit einen anderen Ansatz verwenden.

Darüber hinaus hat der ISSB entschieden, dass Unternehmen, die nur im ersten Jahr über klimabezogene Risiken und Chancen berichten, zusätzliche Erleichterungen bei der Bereitstellung von Vergleichsinformationen erhalten. Dies bedeutet, dass sie im zweiten Berichtsjahr keine vergleichenden Informationen zu ihren nachhaltigkeitsbezogenen Risiken und Chancen über das Klima hinaus bereitstellen müssen.

Allgemeine Offenlegungsanforderungen (IFRS S1) weiterhin im ersten Jahr

Unternehmen müssen im ersten Jahr, in dem sie die ISSB-Standards anwenden, weiterhin S1 anwenden, um allgemeine Offenlegungsanforderungen zu erfüllen, wenn sie sich auf das Klima beziehen. Beispielsweise legt S1 den Ansatz zur Wesentlichkeit und die Anforderungen für die Verknüpfung von Informationen mit denen im Abschluss dar, die für die Offenlegung von klimabezogenen Informationen relevant sind.

Unternehmen steht damit frei, ab 2024 zunächst die Berichtspflichten zu klimabezogenen Risiken und Chancen zu erfüllen und erst im darauffolgenden Jahr 2025 die neuen Berichtsprozesse auf alle wesentlichen nachhaltigkeitsbezogenen Risiken und Chancen zu erweitern.

Auswirkungen auch auf die EU-Regulatorik?

Damit möchte das ISSB die Erstanwendung seiner Nachhaltigkeitsstandards erleichtern und schafft zudem Zeit, die Interoperationalität mit den ESRS zu fördern. Fraglich ist allerdings, ob diese Streckung des Zeitplans auch für EU-Unternehmen gelten könnte. Die ohne zeitliche Option umzusetzende Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie sieht das Jahr 2024 für die bislang zur nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichtete Unternehmen und das Jahr 2025 für alle großen haftungsbeschränkten Unternehmen jeweils mit Komplettanwendung auf alle Themenbereiche der Nachhaltigkeit mit nur einer geringfügigen Erleichterung im Bereich der ggf. fehlenden Zulieferung von Daten aus der Lieferkette vor. Konkret können Zulieferer die Weitergabe von Daten in den ersten 3 Jahren verweigern, wenn sie diese noch nicht vorliegen haben, was aber das berichterstattungspflichtige Unternehmen dann jeweils begründen muss.

Veröffentlichung von IFRS S1 und S2 bis Ende Quartal 2/2023 geplant

Der ISSB plant seine ersten beiden Standards IFRS S1 und S2 zum Ende des Quartals zu veröffentlichen, was analog auch für den ersten Satz von 12 Standards der europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards (ESRS) als delegierte Verordnungen weiter angestrebt ist. Allerdings scheint das angesichts von offenbar doch noch bestehendem Überarbeitungsbedarf sehr ambitioniert – eine weitere kurze öffentliche Konsultation ist für April angekündigt, die weiteren Sätze an ESRS-Entwürfen (die ersten 10 branchenspezifischen Standards und ein Standards für KMU) sollen dann zeitlich verschoben zur Konsultation gestellt werden.

Weitere Informationen sind auf der Webseite des IFRS abrufbar.

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In der News-Reihe "Aktuelles zur Nachhaltigkeitsberichterstattung" fasst Herr Prof. Dr. Müller monatlich die neusten und relevantesten Entwicklungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung prägnant für Sie zusammen. Weitere Ausgaben:

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